Unsere Kirche und ihre Geschichte

Kettwig gehörte zu Zeiten der Reformation zum Gebiet des Abtes von Werden, aber auch der Grafen von Jülich, Kleve, Mark und Berg. Als sich einige Fürsten und Grafen dem evangelischen Glauben zuwandten, wechselte die Ausrichtung der Klevischen Fürsten von Herrscher zu Herrscher. In Kettwig näherte sich Ende des 16. Jahrhunderts der amtierende Pfarrer Hermann Kremer dem reformierten Gedankengut. Kremer verwaltete von 1552 - 1601 die erste Kettwiger Pfarrstelle. Pfarrer Kremer selbst war auch beteiligt am Essener Reformationsbekenntnis von 1592. 
 
Die Obrigkeit berief deshalb nach dem Ausscheiden von Pfarrer Kremer als neuen Pastor Johann Grimhold in die Gemeinde. Er sollte das reformatorische Gedankengut stoppen und die Gemeinde wieder zum rechten Glauben bringen. Aber auch er freundete sich mit der neuen Lehre an und trat am Fronleichnamstag 1609 mit der Gemeinde zum evangelischen bzw. reformierten Glauben über.

Zeugnisse der reformierten Tradition sind die schlichte Innengestaltung der Kirche und der Geusenengel auf dem Chorgiebel. Die Geusen waren niederländische reformierte Christen, die, wie auch die Hugenotten, zeitweise verfolgt wurden. Der Geusenengel ist ein Zeichen für die Freiheit des Glaubens. 

Viele Pfarrer und auch Pfarrerinnen folgten.

Der Name unserer Kirche

Historisch korrekt wäre es, wenn die Kirche den Namen St. Petrus oder St. Petri trüge.

Das Bild des Apostels Petrus im Siegel der Ev. Kirchengemeinde (ältester erhaltener Abdruck von 1662) und der Turmhahn erinnern noch heute an die vorreformatorische Kirche St. Peter. 

Der Name St. Peter ist, seitdem die katholische Kirchengemeinde ihre 1830 erbaute Kirche "St. Peter" nannte, vergeben. Durchgesetzt hat sich der Name "Kirche am Markt", weil er eine genaue geografische Einordnung in Kettwig ermöglicht und zugleich eine Verwechselung mit der Marktkirche in Essen-Stadtmitte ausschließt. 

Das Kirchenschiff

Das heutige Kirchenschiff wurde 1720 erbaut. Der Maurermeister Adam Wunderlich aus Iserlohn baute das Kirchenschiff (Basilikaform) im Stil des bergisch-reformierten Barock aus Ruhrsandstein. Der Innenraum misst 22 m x 14 m x 11,40 m, der äußere Baukörper 24,60 m x 16,40 m x 18,70 m. Die Mauerstärke beträgt zwischen 1,20 m und 1,30 m.  
  
Die Vorgängerkirche der heutigen Kirche wurde im Zuge der Gegenreformation 1589, 1598 und 1648 niedergebrannt. 1719 war der Verfall des Kirchenschiffes so weit fortgeschritten, dass das Presbyterium einen Neubau beschloss, wohlwissend, welch hohe finanzielle Belastung es damit auf sich nahm. Der Neubau wurde ermöglicht durch einen signifikanten Eigenbeitrag der Kirchengemeinde (einschließlich ihrer mit erheblichen Anstrengungen erbrachten freiwilligen Sachleistungen), größere und kleinere bis kleinste Solidaritätskollekten in den reformierten Gemeinden von Deventer bis Frankfurt und einen Zuschuss der Regierung auf Grund einer persönlichen Order Friedrich Wihelms I. von Preußen. Das gesammelte Geld, insgesamt 11.266 Taler, reichte allerdings noch nicht aus. Die Kirchengemeinde Kettwig verschuldete sich mit über 2.000 Talern. 

Kanzel- & Altarbereich


Der Kirchraum ist nach reformierter Tradition schlicht gestaltet. Der sechseckige Kanzelkorb und die Kanzelhaube wurden vermutlich erst nach 1720 eingebaut. 
Die Verzierungen an der Kanzel und an der Kanzelhaube zeigen vorwiegend Blattwerk des Akanthus, aber auch Weinreben, Weinlaub und Sonnenblumen sind Zeichen für das volle Leben und das Paradies. Auf der Kanzelhaube befindet sich eine Pelikanskulptur als Symbol für die aufopfernde Liebe Gottes. 

Der barock gestaltete Altar entstand 1947 unter Verwendung zweier Seitenteile des verkürzten Kanzelstegs. 

Die Orgel  


Die Empore wird fast ausgefüllt von der 1749 von Peter Weidtmann, Ratingen, erbauten Orgel. Nur das Rokokogehäuse ist noch im Originalzustand erhalten.  Die Orgel wurde in den vergangenen Jahrhunderten mehrfach restauriert. 

1963 wurde von Harald Strutz aus Wuppertal ein vollständig neues Instrument eingebaut. Die Orgel umfasst drei Manuale mit 34 Registern und 2.735 Pfeifen. Die größte Pfeife hat eine Länge von 4,80 m und die kleinste Pfeife ist nur knapp 10 cm groß. 

Der Turm und die Uhr

Der Turm als ältester Teil der Kirche und auch als ältestes Bauwerk von Kettwig stammt im unteren Teil aus dem Anfang des 13. Jahrhunderts und im oberen Teil aus dem Ende des 13. Jahrhunderts. Er ist 40 m hoch und seine Mauern sind 1,40 m stark. Noch heute kann man im Inneren des Turmes sehen, an welchen Stellen das Kirchenschiff der Vorgängerkirche an den Turm angebaut war.  

Ein Uhrwerk wird schon 1643 erwähnt. 1749 erneuerte der Kettwiger Uhrmacher Henricus Schmalt das Uhrwerk. Die heutige Turmuhr wurde 1903 eingebaut. 
Uhrwerk und Glocken werden seit 1937 elektrisch betrieben. Die letzte Renovierung der vier Zifferblätter wurde am 02.12.2006 im Zuge der Restaurierung der Außenfassade abgeschlossen.  

 

Das 1749 eingebaute Uhrwerk betrieb nicht nur die Turmuhr. Über ein spezielles Getriebe wurde im inneren der Kirche ein Ziffernblatt betrieben, welches sich oberhalb des damaligen Orgelgehäußes befand. So konnten sowohl der Pfarrer als auch die die Presbyter von ihren Bänken die Zeit im Blick halten und diente dazu, in der damals refomierten Gemeinde die Mindespredigtdauer im Blick zu halten. Mit dem Umbau der Orgel im Jahre 1937 wurde die "Predigtuhr" entfernt und geriet zunächst in Vergessenheit. Nachdem der Sohn eines Küsters die alte Uhr, die zu Abdichtung eines Turmfensters genutzt wurde und übermalt war, mehr zufällig wieder entdeckte, restraurierte er das Stück liebevoll. 1979 ging die Uhr in den Besitz der Stadt Essen über. Ihren Platz fand die Predigtuhr nun im Essener Rathaus. Hier verblieb sie bis 2025. Anlässlich des 50. Jahrestages der Eingemeindung Kettwigs kehrte die Uhr wieder zurück in die Kirche am Markt. Hier hängt sie nun der linken Seitenwand vom Altar ausgesehen.

Die Taufkapelle

Über die Funktion und Nutzung dieses Raumes bis 1961 ist nichts überliefert.  
Bauplänen von 1961 kann entnommen werden, dass mal ein Gedächtnisraum für die Kettwiger Kriegstoten und später ein großzügiger Eingangsbereich von der Nordseite des Turmes geplant war. Die Planungen wurden aber insbesondere aus Kostengründen nicht umgesetzt. So diente der Raum viele Jahrzehnte, wie vermutlich auch schon vorher, als Abstellraum. 
 
1998 entstand die Idee, den Turmraum als "Raum der Stille" bzw. als "Taufkapelle" zu nutzen. Als Anfang 2000 eine große und viele kleine zweckgebundene Spenden die Umgestaltung ermöglichten, beschloss das Presbyterium, die Taufkapelle einzurichten. Am 29.10.2000 konnte der umgestaltete Raum der Gemeinde in einem Gottesdienst übergeben werden. 

Die Glocken

Der Turm der Kirche am Markt trägt insgesamt 5 Glocken. Drei Glocken hängen im Inneren des Turmes und zwei Glocken außen an der Ost-Südost Seite des Turmes. 
Die drei Glocken im Inneren des Turmes, alle aus Gussstahl, dienen der Liturgie.  
Die größte Glocke hat einen Durchmesser von rd. 1,57 m, wiegt 1.604,5 kg und ist auf den Ton cis gestimmt. Sie trägt die Inschrift: "Im dritten Jahr des Weltkrieges 1917. In Teuerung (Not-Hunger-Leid) wird er dich vom Tod erlösen und im Kriege von des Schwertes Hand. Hiob 5, 20". 
 
Die mittlere Glocke hat einen Durchmesser von rd. 1,37 m, wiegt 1.089 kg und ist auf den Ton e gestimmt. Sie trägt die Inschrift:

"Im Jubeljahr der Reformation 1917. Gott ist unsere Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in den großen Nöten, die uns getroffen haben. Psalm 46, 2". 
 
Die kleine Glocke hat einen Durchmesser von 1,26 m, wiegt 817,5 kg und ist auf den Ton fis gestimmt. Sie trägt die Inschrift: "Im Jahr des Glockenopfers 1917. Friede, Friede, beiden, denen in der Ferne und denen in der Nähe, spricht der Herr; ich will sie heilen. Jesaja 57, 19."  
 
Alle drei Glocken erklingen gemeinsam nach der gegenwärtigen Läuteordnung als Einladung zu den Hauptgottesdiensten, zu den Feiertagen und samstags um 19.00 Uhr sowie zum Jahreswechsel. Die große Glocke allein wird an Karfreitag und bei Beerdigungen, die mittlere Glocke allein wird täglich um 7.00 Uhr (außer samstags und sonntags), um 12 Uhr und um 19 Uhr und die kleine Glocke allein wird zum "Vater unser" in den Gottesdiensten geläutet. 

Kirche am Markt heute

Den zweiten Weltkrieg hat die Kirche leider nicht unbeschädigt überstanden. Kurz vor Ende des Krieges, am 2.4.1945, schlug eine Granate in die Westseite des Kirchendaches ein. Die Zerstörungen konnten wegen des Krieges nicht sofort behoben werden. Wind und Wetter taten ein Übriges, und so waren die Schäden immens, als man unter großer Beteiligung der Gemeindeglieder Ende 1945 mit der Reparatur begann. 
Die früher vorhandene Holztonnendecke musste entfernt werden und wurde durch die jetzige mit Rauputz versehene Spalierlattendecke ersetzt, eigentlich als Provisorium gedacht. Der Verputz der Innenwände wurde abgeschlagen und das Mauerwerk aus Ruhrsandstein wurde sichtbar. Der Fußboden wurde mit Mainsandsteinplatten ausgelegt.  
In den achtziger Jahren musste mit viel Aufwand das Schieferdach erneuert werden, was letztlich auch auf eine nicht ganz fachgerechte Reparatur des Kriegsschadens am Dachstuhl zurückzuführen war. 
 
Die bisher letzte große Restaurierung der Kirche am Markt konnte im Jahre 2006 abgeschlossen werden. Dank der großen Spendenbereitschaft in Kettwig, dem Bemühen der Denkmalbehörde und dem Engagement der Deutschen Stiftung Denkmalschutz konnte der drohende Verfall des Ruhrsandsteinmauerwerks gestoppt werden. 2019 wurde die Decke neu gestrichen.